Interview mit Einkochprofi Martin Riedel
Seit mehr als 20 Jahren ist Martin Riedel als Koch und Seminarleiter unterwegs. Egal ob im Gastronomiebereich, auf Festivals oder nationalen wie internationalen Retreats oder in Hotelküchen. Er liebt es, sein Wissen zur pflanzlichen Küche weiterzugeben und selbst den Kochlöffel zu schwingen.
Ausgelöst durch Corona entstand 2019 die Firma Kammergold Food GmbH, die er mit Partnern zusammen gegründet hat. Bei Kammergold werden Fertiggerichte hergestellt, die komplett ohne Konservierungsmittel, Farb- oder Zusatzstoffen oder Bindemitteln auskommen und ungekühlt über einen langen Zeitraum haltbar sind. Für ihn als Einkochprofi war die Firmengründung ein logischer Schritt, denn das Haltbarmachen von Lebensmitteln wurde ihm quasi in die Wiege gelegt.
Wir freuen uns sehr, dass Martin, auch Flippo genannt, sein Einkochwissen als Trainer bei der Vegan Masterclass in seinem Kurs Vegan in a Glass weitergibt! Im Interview gibt er uns einen kleinen Einblick in die Welt der (Einkoch-)Gläser.
Magst du dich kurz vorstellen? Was machst du alles und welche (Koch-)Themen liegen dir am meisten am Herzen?
Martin: „Mein Name ist Martin Riedel und kochen bedeutet für mich mehr als nur Lebensmittel zu verarbeiten. Mir liegt sowohl der Anbau als auch der Umgang und die Wertschätzung der Lebensmittel sehr am Herzen. Favorisierende Kochthemen sind Fermentation, Keimen, Sprossen, Sauerteig und die Haltbarmachung von Lebensmitteln. Daraus dann Gerichte zu kreieren ist meine Leidenschaft.
Du bist schon richtig lange vegan unterwegs. Wie war dein Weg zum Veganismus und was hat dich dazu bewegt?
Martin: „Im Jahr 2003 begann ich aus gesundheitlichen Gründen Yoga zu praktizieren und vertiefte meine Körperübungen immer mehr, bis sich eine tägliche Ashtanga-Yogapraxis daraus entwickelte. In dieser Zeit begann ich mich auch der Yogaphilosophie zu widmen. Yoga betont das Prinzip von Ahimsa, der Gewaltlosigkeit, das dem Töten von Tieren natürlich wiederspricht. Außerdem stellte ich fest, dass mein Körper während des Übens auf ’schwer verdauliche Gerichte‘ negativ reagierte.
Seit Beginn des Jahres 2023 habe ich meine Ernährungsweise bewusst flexibler gestaltet. Obwohl ich größtenteils pflanzliche Lebensmittel bevorzuge, gestatte ich meiner kulinarischen Leidenschaft gelegentlich Raum zur Entfaltung. Die bewusste Integration weniger ausgewählter tierischer Lebensmittel hat sich positiv auf meine Energie und mein Gesundheitsgefühl ausgewirkt.“
Welche Tipps würdest du jemandem mitgeben, der sich für eine vegane Ernährung entscheidet?
Martin: „Erstens: Das ist für mich eine innere Einstellung, die jeder für sich selbst treffen sollte. Zweitens: Für mich ist es wichtig, dass es einem physisch und psychisch gut damit geht. Und drittens: Ich empfehle, sich bei einer Ernährungsumstellung (egal auf welche) mit diesem Thema auseinanderzusetzen, um Mangelerscheinungen vorzubeugen.“
Wie sieht es beim veganen Kochen und Backen aus? Was sind deiner Erfahrung nach die größten Anfänger*innen-Fehler?
Martin: „Ich sehe in meinem Leben keine Fehler, auch nicht beim Kochen und Backen. In vielen Lebensbereichen bin ich ein Autodidakt, und ich glaube, dass viele großartige Rezepte durch Experimentieren entstehen. Es gibt so viele Ideen und Rezepte, an denen man sich orientieren kann. Selbst wenn ein Gericht einmal nicht perfekt gelingt, bietet dies die Gelegenheit, durch Improvisation den Geschmack zu optimieren. Aber wenn es einen Fehler gibt, dann ist es, überhaupt nicht zu kochen!“
Ein Thema was dir sehr am Herzen liegt, ist das Einkochen. Durch Einkochen lassen sich Obst, Gemüse, aber auch komplette Fertiggerichte im Glas für viele Monate bis Jahre konservieren. Ganz ohne Konservierungsmittel, ganz ohne Kühlschrank und Co. Wie bist du zum Einkochen gekommen und was fasziniert dich am meisten daran?
Martin: „Das Thema der Konservierung von Lebensmitteln liegt mir besonders am Herzen, da ich Lebensmittel ungern verschwende. Ich bin in einer großen Familie aufgewachsen, in der wir stets betonten, dass Essen mehr ist als nur Nahrungsaufnahme. Wir haben alles sorgfältig verwertet, und wenn unser Garten im Überfluss Gemüse oder Obst produzierte, wurde dies für den Winter eingekocht.
Die Faszination für mich liegt darin, dass ich mir schnell eine Mahlzeit zubereiten kann, bei der ich genau weiß, dass sie lecker schmeckt und ich die Zutaten kenne. Dies ist besonders praktisch, wenn ich einmal keine Zeit habe, um frisch zu kochen.
Was mich jedoch immer wieder fasziniert, ist die Tatsache, dass konservierte Lebensmittel über viele Jahre hinweg haltbar bleiben und ihren Geschmack nahezu unverändert bewahren.“
Was kochst du privat am liebsten ein und was steht bei dir alles in der Vorratskammer?
Martin: „In meiner Vorratskammer habe ich wirklich alles, was ich brauche. Es gibt hier keinen klaren Favoriten für mich, aber Fertiggerichte ergänzen frisch zubereitete Gerichte gut und davon hab ich immer was in der Vorratskammer. Ich schätze vor allem eingekochte Hülsenfrüchte, denn ich weiche sie vor dem Kochen lange ein, lasse sie keimen, und das nimmt viel Zeit in Anspruch.
Da bin ich immer besonders froh darüber wenn ein Glas Linsensuppe schon fertig ist. Besonders gerne mag ich jedoch die einfachsten Dinge, wie zum Beispiel Birnen aus dem Glas – ich finde sie immer wieder genial.“
Wenn ich jetzt direkt Lust bekommen habe, es selbst einmal auszuprobieren, mit welchem Lebensmittel ist der Einstieg am leichtesten und was brauche ich alles um loszulegen?
Martin: „Fang mit den einfachen Sachen an. Früchte sind besonders einfach. Du benötigst nur sterile Gläser mit Deckel und einen großen Topf zum Einkochen.“
Beim Einkochen ist Hygiene das oberste Gebot. Was kann denn schief gehen und wie vermeide ich es?
Martin: „Gläser und Deckel im heißen Wasser sterilisieren und achte auf Hygiene allgemein. Ränder müssen sauber sein und das Obst und Gemüse sollte gute Qualität haben und frisch sein.“
Was ist neben der Hygiene dein größtes Learning, das du an Einkoch-Neulinge weitergeben kannst?
Martin (lacht): „Üben, üben, üben!“
Wer jetzt richtig Lust bekommen hat, sollte unbedingt in deinen Einkochkurs „Vegan in a Glass“ vorbeischauen. Dort stellst du 21 Rezepte vor. Von Marmelade über Tomatensauce bis hin zu Fertiggerichten wie Pilzgulasch oder Rahmgeschnetzeltem. Was hat dir am meisten Spaß gemacht als du den Kurs konzipiert hast?
Martin (lacht): „Ich hatte großen Spaß dabei, in meinem 12qm großen Kochcontainer alles so zu organisieren, dass ich mich darin noch bewegen konnte.“
Du hast uns verraten, dass die mediterrane Linsensuppe dein Lieblingsrezept aus dem Kurs ist. Warum, was macht sie für dich aus?
Martin: „Das ist ein Geschmack aus der Kindheit. In dieser Linsensuppe ist für mich die Fülle aller Geschmacksrichtungen vereint. Das muss Umami sein.“
Welche Pläne möchtest du 2023 noch umsetzen?
Martin: „Jetzt im Herbst und im Winter 2023 bin ich in Portugal und koche dort auf Yogaretreats. Meine Pläne für 2023 sind bis jetzt alle erfolgreich umgesetzt worden und die Planung 2024 ist im vollen Gange.“
Abschließend wollen wir mit dir noch eine schnelle Küchen-Fragerunde machen!
Was war deine letzte Küchenpanne?
Martin: „Eine nicht angestochene Aubergine im Backofen bei 230°, die dann explodiert ist.“
Was macht dir am meisten Spaß an deiner Arbeit?
Martin: „Dass ich nicht arbeite.“
Was ist dein geheimes Talent in der Küche?
Martin: „Improvisation – ist aber gar nicht geheim ;-)“
Welche Länderküche magst du besonders gern?
Martin: „Die Mediterrane.“
Was war dein Lieblingsgericht als Kind?
Martin: „Paniertes Schnitzel.“
Welches Gewürz darf bei dir niemals fehlen?
Martin: „Pfeffer.“
Vielen lieben Dank für deine Zeit!
Die Vegan in a Glass Masterclass mit Martin Riedel
Jetzt geht’s ans Eingemachte! Egal ob du deine Ernte aus dem Garten haltbar machen oder z.B. sommerliches Obst im Winter genießen willst – wenn du das Handwerk des Einkochens beherrschst, dann kannst du nicht nur ordentlich sparen und Ressourcen schonen, sondern auch ungeahnte kulinarische Entdeckungen machen. Denn Einkochen ist noch viel mehr als nur Marmelade 😉